Wolhynien und die Wolhyniendeutschen

Lage Wolhyniens gemäß den heutigen politischen Grenzen
Bauerngehöft in Selna, Kreis Dubno

Wolhynien ist eine historische Landschaft im Nordwesten der heutigen Ukraine, an der Grenze zu Belarus und Polen. Seit der dritten polnischen Teilung 1795 gehörte das Gebiet als eigenständiges Gouvernement vollständig zum Russländischen Kaiserreich. Es hatte eine Fläche von der Größe Bayerns und war relativ dünn besiedelt. Der Norden des Landes war von Sümpfen und Wälder geprägt. Im südlichen Teil gab es fruchtbare Böden für den Ackerbau.

Bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts kam es zu verstärkter Einwanderung von deutschen Siedlern nach Wolhynien. Die Haupteinwanderung setzte aber erst nach den 1860er Jahren ein. Nach dem die Leibeigenschaft in den westlichen russischen Gebieten - so auch in Wolhynien - aufgehoben worden war, suchten dort die örtlichen Großgrundbesitzer Siedler, die ihr Land entweder pachteten oder kauften. Sie beauftragten private Agenten, die Bauern aus anderen Teilen des russländischen Reiches für die Bewirtschaftung ihrer Äcker anwerben sollten.

Aufgrund politischer Unruhen in den von Russland besetzten polnischen Gebieten war die Anwerbung von Deutschen aus Mittelpolen besonders erfolgreich und so wuchs die Zahl deutscher Siedler in Wolhynien stetig an. Der Erste Weltkrieg bedeutete dann auch die erste große Zäsur im Leben der Wolhyniendeutschen. Ein Großteil von ihnen wurde aufgrund zaristischer Dekrete in das Innere Russlands und weiter bis nach Sibirien deportiert. Aus dieser Zeit stammt auch das Wolhynische Schicksalslied, das Kantor Gustav Frieske aus Wladyslawówka zugeschrieben wird.

Wolhynisches Schicksalslied, Text: Kantor Gustav Frieske

Nach dem Ausbruch der Oktoberrevolution im Jahr 1917 sind viele der Deportierten und Geflüchteten trotz der weiter andauernden kriegerischen Auseinandersetzungen wieder nach Wolhynien zurückgekehrt. Schließlich wurde das Gebiet 1921 zwischen Polen und der Sowjetunion aufgeteilt. Kaum 20 Jahre später mit Beginn des Zweiten Weltkriegs endete dann endgültig das Leben von Deutschen in Wolhynien.